Tro Breiz
Der Tro Breiz (Bretagnetour)
Vorwort
Die Bretagne, meine Lieblingsregion in Frankreich verführt mich immer zum träumen. Die Kultur, die Musik, die Küche, die atemberaubenden Landschaften aber auch und vor allem die Bewohner. Bin ich etwa Bretone ? Nicht wirklich, ich bin Luxemburger, aber verrückt nach der Bretagne. Genau 10 Jahre nach meinem ersten grossen Pilgerweg, dem Jakobsweg, fange ich nun einen zweiten « grossen Pilgerweg » an, mit dem « Tro Breiz », was soviel heisst wie Tour der Bretagne. Eine Schleife von etwas mehr als 700 Kilometer bei der es gilt 7 Kathedralen miteinander zu verbinden. Nämlich die von Quimper, Saint-Pol-de-Léon, Tréguier, Saint-Brieuc, Saint-Malo, Dol-de-Bretagne und Vannes. Dieser Pilgerweg erinnert an die 7 heiligen Gründer der Bretagne, die da wären, Corentin (Quimper), Pol Aurélien (Saint-Pol-de-Léon), Tugdual (Tréguier), Brieuc (Saint-Brieuc), Malo (Saint-Malo), Samson (Dol-de-Bretagne) und Patern (Vannes).
Jeder Bretone sollte diesen Weg Zeit seines Lebens einmal laufen, sowie es die Muslime mit Mekka tun. Die Legende will es so. Ein Bretone der seinen Tro Breiz nicht während seines irdischen Lebens unternimmt muss es eben im Jenseits tun. Dann jedoch wird er nur um eine Sarglänge in einem Jahrhundert vorankommen. Also, lieber in der Gegenwart, sonst dauert das ja ewig...
Datum : 12 Mai - 11 Juni 2018
Länge : 710 Kilometer
Länder : Frankreich
Regionen: Bretagne
Départements: Finistère (29), Côtes d'Armor (22), Ille et Vilaine (35), Morbihan (56)
12 Mai 2018
Der Weg dahin...
Schon die Reise ist eine wahre Freude. Mein Pilgerweg beginnt mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV. Es ist ein Tag an dem nicht gestreikt wird und mein Zug trifft pünktlich im Bahnhof « Lorraine TGV » ein. Ein letzter Blick zu meiner Frau und meinem Sohn die ausserhalb des Bahnhofes warten bis der Zug abgefahren ist. Ihnen sei gedankt dass sie mich mit dem Auto hergebracht haben und vor allem dass sie mich so lange ziehen lassen. Vielleicht haben sie auch die Nase voll von mir und sind froh dass ich so lange weg sein werde. Ich werde es nie erfahren. Drei einhalb Stunden nur bis Rennes, der Hauptstadt der Bretagne. Nun habe ich 2 Stunden Zeit um den nächsten TGV nach Quimper zu nehmen. Genug um in der Nähe des Bahnhofes in dem und um den herum eine Grossbaustelle herrscht, etwas zu essen. Schwer vorstellbar wie es hier einmal aussehen wird, sicher sehr futuristisch. Der Zug verlässt Rennes pünktlich und nur 2 Stunden später befinde ich mich in Quimper, im Département Finistère. Hier fängt mein Weg an. Mein erster Weg führt mich ins Hotel, danach laufe ich noch zur Kathedrale, in der ich meinen ersten Stempel für mein Credential (Pilgerausweis) bekomme. Ein Stempel für jede Kathedrale, also im ganzen 7. Eine Mannschaft des französischen Fernsehens hat sich hier niedergelassen um die Kathedrale von innen mit einer Drone zu filmen. Die Bilder werden anlässlich des Tour de France gezeigt der am 11ten Juli in Quimper gastiert.
13 Mai 2018
Quimper
Das Wetter ist recht gut und ich nutze die Gelegenheit einen Spaziergang auf dem Hausberg von Quimper, dem Mont Frugy zu unternehmen. Diese kleine Erhebung ist so etwas wie ein Wahrzeichen der Stadt und in der gesamten Bretagne sehr bekannt. Der bretonische Sänger, Gilles Servat, besingt ihn in seinem Lied « La Route de Quimper ». Viele Stufen führen hinauf, etwa hundert. Oben angekommen hat man eine sehr schöne Aussicht auf die Stadt. Längs des anscheinend schönsten Flusses Frankreichs, dem Odet, hat sich ein grosser Blumenmarkt ausgebreitet, dort wo unter der Woche normalerweise starker Verkehr herrscht. Der Odet ist ein kleiner Strom der nicht weit von hier in den Atlantik mündet. Es ist Sonntag und ich habe viel Zeit, also nehme ich an der Messe in der Kathedrale teil. Ich denke das ist ein guter Anfang für einen Pilgerweg. Ich zünde eine Kerze an für alle die uns seit geraumer Zeit verlassen haben aber auch für die denen es im Moment nicht so gut geht. Das wird niemandem schaden und tut auch nicht weh. Draussen regnet es zeitweise, nichts schlimmes, nur dieser typische bretonische Nieselregen. Nach einem Mittagsschläfchen unternehme ich noch einen Spaziergang durch Quimper, etwas anders als gewohnt. Die alten Stadtteile sind umringt von Mauern und lassen mich die Stadt mal aus einem anderen Blickwinkel entdecken. Das beweist dass man üblicherweise seine Zeit zu sehr bei den Geschäften und Souvenirläden vertrödelt. Quimper ist eine äusserst angenehme lebenswerte kunsthistorische Stadt. Später genehmige ich mir noch 2 Pfannkuchen und dann ab ins Bett.
14 Mai 2018
Von Quimper nach Sainte-Cécile
Der Tag ist nicht wie geplant verlaufen. Bereits das Frühstück musste ich etwas verspätet nehmen, Reisende eines österreichischen Busses hatten den ganzen Saal in Anspruch genommen, kein einziger Platz war frei. Mein Tro Breiz fängt also leicht verspätet an. Rücken zur Kathedrale gedreht geht es endlich los. Die leicht ansteigende Geschäftsstrasse hinauf, an 2 Friedhöfen vorbei, raus aus der Stadt. Hinter dem Gewerbegebiet von Quimper-Nord und einem Stück Strasse das zur Schnellstrasse führt, beruhigt sich plötzlich der Verkehr. Ich laufe nun an einer ruhigen Nebenstrasse. Während ich die schöne Kapelle von Sainte Cécile photografiere, nähert sich eine Frau und fragt mich ob ich ein Zimmer suche. Ich bejahe, möchte jedoch noch weiterlaufen bis Briec. Sie rät mir davon ab, es gäbe in der ganzen Umgebung kaum ein Zimmer, alle wären belegt. Tatsächlich habe ich schon mehrfach versucht telefonisch etwas zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. Die Dame ist Besitzerin eines Bauernhofes und schlägt mir vor in ihrer Dependenz zu nächtigen, was ich gerne annehme. Ich bin kaum 10 Kilometer gelaufen, aber um einer schlechten Überraschung zuvorzukommen bleibe ich wohl besser. Eigentlich sollte noch ein Pilger kommen, kommt aber doch nicht, so hatte ich das ganze Haus für mich alleine. Die Dame bietet keine Mahlzeiten an, auch kein Frühstück, jedoch gibt sie mir allerlei Sachen zum Selber kochen. Eine schöne Erfahrung schlussendlich.
15 Mai 2018
Von Sainte-Cécile nach Pleyben
Um halb acht verlasse ich meine Bleibe und laufe dann nach Briec, Kleinstadt mit allen Geschäften, das ist alles. Es ist weder kalt noch warm, genau richtig zum Wandern. Auf dem Programm heute ein Terrain mit ständigem auf und ab, teilweise sehr steil. Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist zweifelsohne der höchste Punkt der Montagne Noires, (schwarze Berge). Der Karreg-an-Tan (Feuerfelsen) mit seinen 279 m. Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht auf den Fluss Aulne, die Berge der Monts d'Arrée und sogar bis zur Bucht von Douarnenez. Um genau 12 Uhr erreiche ich die Aulne in Pont-Coblant, hier mache ich Mittagspause direkt am schönen Küstenfluss. Die letzten 5 Kilometer erweisen sich schwieriger als erwartet, unzugängliche Graspisten in denen das üppige Wachstum der Pflanzen überhand genommen hat. Es fängt jetzt an heiss zu werden und meine Beine zeigen erste Ermüdungserscheinungen. Ein letzter Kraftaufwand und bald bin ich in Pleyben. Im Dorfzentrum gibt es ein « enclos paroissial », einem umfriedeten Kirchhof. Dieser Kirchhof setzt sich zusammen aus Kirche, Friedhofskapelle, einer Kreuzigungsgruppe sowie eines Triumphbogens. Eine typisch bretonische Architektur. Gleich nebenan ist auch eine bretonische Gaststätte, die « Blanche Hermine » wo ich natürlich mein Abendessen geniesse.
16 Mai 2018
Von Pleyben nach Commana
Es ist bereits neun Uhr und ich mache mich auf den Weg. Eine sehr schwere Bergetappe steht bevor, wahrscheinlich die schwerste überhaupt auf diesem Weg. Anfangs nur kleine leicht ansteigende Nebenstrassen, dann ein erster Kraftakt bis Brasparts. Ein äusserst steiler, schmaler Weg führt hinauf, verboten für jegliches Gefährt. Nur 300 m, die haben es aber in sich und genügen um mich ins Schwitzen zu bringen. Kleine Pause an der Kirche, kaufe mir ein Sandwich in dem kleinen Supermarkt und weiter geht es über teils schmuddelige Pfade, langweilig und stets ansteigend. Nun muss ich während 3 oder 4 Kilometer auf der Hauptstrasse D 785 wandern bevor es weiter geht über steinige Wege die direkt zum Gipfel des Mont Saint-Michel auf 380 m Höhe führen. Schwierig zu laufen, um so mehr da die letzten 200 Meter aus Treppen mit unterschiedlich hohen Stufen führen. Oben angekommen gönne ich mir eine längere Pause vor der Kapelle und einem Betonsockel der diesen höchsten Punkt der Montagne Saint-Michel markiert. Ich bewundere die grandiose Landschaft um mich herum und geniesse den Wind der hier oben ganz anständig bläst. Leider muss ich weiter denn es ist bereits später als ich dachte. Der Abstieg über den steinigen Weg ist recht gefährlich, gutes Schuhwerk ist von grösster Bedeutung sonst drohen eventuelle Verletzungen. Glücklicherweise ist dieser Zustand nur von kurzer Dauer. Der Menez Kador ist der nächste zu erklimmende Hügel, immer noch über recht gefährliche steinige, ständig ansteigende Pfade. Auch wenn es ermüdend ist fühle ich mich in blendender Verfassung. Jetzt noch ein schwieriger Abstieg bis zur Strasse die dann direkt nach Commana führt. Weil ich das Gästehaus nicht finde rufe ich an und ein älterer Herr holt mich mit seinem noch älteren Auto vor der Kirche ab. Das Haus befindet sich ausserhalb des Dorfes, ein schöner Abend kündigt sich an. Die Herrin des Hauses bereitet uns ein schmackhaftes Essen vor. Ich sage uns, weil ausser mir noch ein Paar aus Metz zugegen ist, das morgen seinen Tro Breiz in Morlaix beenden wird.
17 Mai 2018
Von Commana nach Saint-Thégonnec
Es war zwar nicht so vorgesehen aber es hat während der Nacht geregnet. Ich komme sehr spät weg, erst um zwanzig nach neun. Ich verabschiede mich von dem Metzer Paar und den Besitzern und bedanke mich für den herzlichen Empfang. Es ist sehr frisch heute morgen und es gibt sehr viele Abstiege auf dieser ziemlich kurzen, nur knapp 14 Kilometer langen Etappe. Verkehrsarme Nebenstrassen und Graswege auf dem Programm. Doch es erwarten mich einige Überraschungen : durch Kuhfladen wandern, mehrmals Bäche über Behelfsbrücken überqueren. Ich setze kein allzugrosses Vertrauen in diese wackligen Konstruktionen. Gleich zwei mal werde ich von Hunden angegriffen. Das erste Mal sind es 2, in einem scheinbar aufgegebenen Dörfchen, jedoch irgendwer muss die Tiere doch ernähren oder etwa nicht ? In beiden Fällen kann ich mich mit meinen Wanderstöcken erfolgreich und heldenhaft verteidigen. Im grossen Ganzen jedoch ist es eine sehr schöne Etappe, nichts um grossartige Momente festzuhalten, dafür aber Natur pur. Zahlreiche Pferde und Kühe in grünen saftigen Wiesen. Saint-Thégonnec gefällt mir gut, ein umfriedeter Kirchhof, Geschäfte, Wirtshäuser und Restaurants. Und wie es sich für die Bretagne gehört, eine Crêperie. Im Gästehaus « Ar Presbital Koz » habe ich ein sehr geräumiges Zimmer gefunden mit allem Komfort, dafür aber ohne Fernseher. Was nicht weiter schlimm ist, als Pilger hat man immer etwas zu tun. Wäsche waschen oder den Tagesbericht zu Papier bringen oder sich auf den folgenden Tag vorbereiten. Vielleicht auch schon das nächste Zimmer finden und buchen.
18 Mai 2018
Von Saint-Thégonnec nach Saint-Pol-de-Léon
Schon wieder ein verspätetes Frühstück, erst um halb neun. Sehr sonniger Tag heute, so als müsste mein Einzug in die Kathedrale von Saint-Pol-de-Léon heute besonders gefeiert werden. Weiter geht es über kleine Strassen, dann ein steiler Pfad durch den Wald. Von Weiler zu Weiler, von Dorf zu Dorf. Etwas stört mich ganz gewaltig, nirgendwo gibt es eine Bank oder einen Rastplatz um die doch manchmal spektakuläre Landschaft zu bewundern, ausser in Penzé. Die Penzé ist ein kurzer Küstenfluss der nach knapp 40 Kilometern im Ärmelkanal mündet. Im Prinzip. Denn andererseits ist er auch wie ein Fjord der sich bis tief ins Binnenland bohrt. Hier im Dorf Penzé habe ich zum ersten Mal auf diesem Weg Kontakt zum Meer. Von nun an begleiten mich Möwen und Seevögel, auch die Seekiefer werden mehr und mehr. In Kerlaudy begegne ich 3 Pilgern, 2 Frauen und ein Mann, sie kommen aus der Normandie und beenden ihren Tro Breiz morgen um ihn dann später einmal fortzusetzen. Nun ist es nicht mehr weit bis Saint-Pol-de-Léon, vielleicht noch 6 Kilometer. Von weitem erblicke ich die Kathedrale Saint-Paul-Aurélien und eine andere Kirche, die Kapelle Notre-Dame du Kreisker mit ihrem 79 Meter hohen Turm. Am Kathedralenvorplatz angekommen begebe ich mich sturstracks ins Pfarreibüro um den Stempel für meinen Pilgerausweis zu erhalten. Enttäuschung macht sich breit als ich den Zustand der Kathedrale sehe. Der rechte Turm ist vollständig in ein Baugerüst verpackt während der linke bereits fertig gesäubert ist. Nun begebe ich mich in mein Hotel und nach der wohlverdienten Dusche würde ich noch gerne das Meer sehen das etwa 1 Kilometer entfernt ist. Auch hier ist die Enttäuschung gross, es herrscht Ebbe und eigentlich gibt es nicht viel zu sehen. Zudem nimmt mir ein kalter Wind die Freude am Strandspaziergang. Das Inselchen Sainte-Anne und ihr Strand gleichen Namens scheinen mir zu weit weg also mache ich Kehrt und laufe zurück in die kleine Stadt. Im Restaurant, das Meer verpflichtet, genehmige ich mir eine Fischsuppe gefolgt von Miesmuscheln, leider nicht die gewohnten, es ist noch keine Saison, sondern welche aus Dänemark. Um heute nicht noch weiter enttäuscht zu werden heute gehe ich zeitig zu Bett.
19 Mai 2018
Von Saint-Pol-de-Léon nach Morlaix
Wieder ein sehr sonniger Tag. Ich verlasse die kleine Stadt über den Küstenweg. Es ist Flut, das Meer hat sich dieses Mal nicht aus dem Staub gemacht, so als wolle es sich für seine gestrige Abwesenheit entschuldigen. Es entfaltet seine ganze Schönheit, genau wie die Landschaft ringsum. Der Küstenweg ist bestens ausgeschildert, ausnahmsweise. Bisher fehlte jegliche Beschilderung. Darüber hinaus gelten die Richtungsweiser gleich für verschiedene Kategorien von Wanderern. Für Wanderer die dem GR folgen, für Jakobswegpilger, solche wie ich, die dem Tro Breiz folgen, lokale Pfade und Verbindungswege. Jede Vereinigung hat ihre Abzeichen auf Pfosten, Mauern oder Bäumen hinterlassen. Und alle zusammen laufen auf dem « Sentier des douaniers »,dem Zollfussweg. Die Freude ist nur von kurzer Dauer, ab der Brücke von Corde gibt es keine Markierungen mehr. Schade, man gewöhnt sich so schnell daran. In der Mitte der Brücke die den Penzé überspannt, begegne ich dem Paar aus Metz das ich 2 Tage zuvor in Commana kennen lernte. Sie kommen von Morlaix und folgen der Küste bis nach Brest. Welch Überraschung ! Hinter der Brücke laufe ich weiter nach Henvic dann Taulé über kleine verkehrsarme Strassen. Die letzten 8 Kilometer bin ich gezwungen über eine Départementale zu laufen die mich direkt nach Morlaix führt. Unverkennbar von weitem durch seinen gewaltigen Viadukt. Es ist Markttag in Morlaix, das alleine schon verbreitet ein gutes Ambiente in dieser schönen Stadt. Es ist erst 15 Uhr und mein Hotel öffnet erst um 18 Uhr, genug Zeit für einen Kaffee auf einer Terrasse. Ein Ex-Militär aus Carcassone der jetzt in Morlaix wohnt hilft mir die Zeit zu verkürzen, er fragt mich ob ich etwas reden will. Aber gerne, bejahe ich. Er will alles über Luxemburg wissen, im Gegenzug erzählt er mir vieles über die Bretagne, ich denke dass ich besser Bescheid weiss als er, aber trotzdem, ihm sei gedankt.
20 Mai 2018
Von Morlaix nach Plestin-Les-Grèves
Ich verlasse das schöne Morlaix durch das bereits sonnengebadete Stadtzentrum. Es ist Sonntag und es ist niemand in den Strassen. Sehr schnell steigt die Strasse beträchtlich an und bald durchquere ich die Aktivitätszone von Lagolvas wo unter anderem die Firma « À l'Aise Breizh » zuhause ist, bekannt für ihre Kleiderproduktion und andere bretonische Artikel. Hauptsächlich jedoch für die sehr verbreiteten Aufkleber die fast jedes bretonische Fahrzeug zieren. Garlan heisst das nächste Dorf wo ich Pause mache auf dem schönen Platz vor der Kirche. Von nun an geht es über verkehrsarme Strassen von Weiler zu Weiler. Manchmal ist es sehr langweilig auf dem Asphalt zu laufen wenn die Sonne unerbittlich brennt und nirgendwo auch nur ein Hauch von Schatten. In dem Fall lenke ich mich etwas ab mit bretonischer Musik, Dudelsackgedödel. Fast unbemerkt bin ich vom Finistère (29) in die Côtes d'Armor (22) gewechselt. In Plestin-Les-Grèves, im Prinzip mein heutiges Etappenziel, laufe ich noch 3 Kilometer weiter, denn das Hotel befindet sich nahe am Meer. Leider macht das Hotel kein Essen.Es gibt aber eine Lösung. Die Chefin fährt ihre Kunden in eine befreundete Crêperie etwa 5 Kilometer von hier. Nachdem die Kunden dann einige Pfannkuchen vertilgt haben ist es dann an der Chefin der Crêperie die Gäste wieder ins Hotel zu bringen. Eine gute Formel wie ich finde, leider bin ich einziger Kunde. Ich suche mir einen schönen Platz auf der Terrasse und geniesse den Sonnenuntergang in Begleitung zweier Pfannkuchen und etwas Apfelwein. Danke für diesen wundervollen Tag.
21 Mai 2018
Von Plestin-Les-Grèves nach Lannion
Als ich das Fenster öffne, sehe ich nichts. Dichter Nebel verbaut mir die Sicht aufs Meer. Jetzt wo ich endlich die seltene Gelegenheit habe mal einige Kilometer am Meer entlang zu laufen. Genau gegenüber von meinem Hotel befindet sich der GR 34, der Küstenweg. Nicht zu empfehlen für diejenigen die Treppen nicht mögen, es gibt ziemlich viele davon. Etwas später hebt sich der Nebel auf dem GR. Nun verlasse ich den Pfad und laufe direkt durch den Sand, es herrscht Ebbe und so habe ich einige Hundert Meter, nur für mich. Es ist äusserst angenehm sich durch den Sand fortzubewegen, viel Jod zu tanken im erfrischenden Wind. Leider hat die Freude in Saint-Michel-en-Grève ein Ende. Hier muss ich die Küste verlassen aber nicht ohne vorher nochmal gemütlich einen Moment auf einer Bank sitzend den tollen Ausblick zu geniessen. Saint-Michel ist ein kleines touristisches Dorf in sehr interressanter Lage. Ein ganz steiler Aufstieg folgt nun. Mehrere Male muss man sich erholen unterwegs, zu anstrengend. Einige Weiler weiter verirre ich mich. Ich konsultiere mein gescheites Büchlein dem auch nichts besseres einfällt. Entweder ist mein Führer überholt oder die Beschilderung ist verschwunden. Am einfachsten ist es wohl die Départementale D 786 zu nehmen. Wie sich schnell herausstellt ist das auch keine gute Idee, ein verrückter Verkehr herrscht hier während mindestens 5 Kilometern. Vier Kilometer vor Lannion kann ich endlich diese gefährliche Strasse verlassen und laufe durch ein Gewerbegebiet bis nach Lannion, meinem heutigen Tagesziel. Es gibt einige hübsche Ecken hier und da, ein paar Kirchen, einen Fluss, den Léguer. Ich finde die Stadt ziemlich schmutzig, unattraktiv und es fehlt auch am Ambiente. Vielleicht liegt es aber auch nur daran dass es Pfingstmontag ist und so gut wie keine Menschen unterwegs sind. Ich verziehe mich ins Hotel und kümmere mich um meine Sachen.
22 Mai 2018
Von Lannion nach Tréguier
Die Sonne ist schon wieder vor mir aufgestanden. Ich habe es sehr eilig Lannion zu verlassen, diese Stadt die mir nicht so richtig gefallen hat. Sogar der Weg aus der Stadt gestaltet sich schwierig. Endlose Blechlawinen bewegen sich in alle Richtungen, hauptsächlich Eltern die ihre Zöglinge vor den Schulen und Gymnasen absetzen. Davon gibt es ziemlich viele hier. Lannion ist eine Stadt der Wissenschaften, spezialisiert in Technologieentwicklung. Die Stadt endlich hinter mir lassend bin ich heilfroh wieder durch friedliche Weiler ohne Autos laufen zu dürfen, welch ein Glück. Um genau 12 Uhr treffe ich in Langoat ein, tolle Kirche, schönes Gemeindehaus und eine wundervolle Bäckerei zum richtigen Moment am richtigen Platz. Ein Amerikaner (sandwich) und weiter gehts. Etwas befremdlich ist, dass ich noch kein einziges Schild nach Tréguier zu Gesicht bekommen habe, immerhin Bischofsstadt mit einer Kathedrale. Zwei Kilometer vor Tréguier höre ich endlich das Glockengeläut der Kathedrale ohne sie jedoch zu sehen. Noch vor dem Städtchen, ein typisches Bild unserer Gesellschaft, riesiger Verkehrskreisel, Supermärkte aller Art, LKW's und Autos. Ich suche eine geeignete Strasse zum Stadtzentrum. Endlich, die Kathedrale, genau vor mir, das Ziel der Etappe. Bevor ich zur Kathedrale gehe, trinke ich noch einen Kaffee auf einer der zahlreichen Terrassen auf dem Vorplatz. Danach geht es zur Pfarrei um den dritten Stempel abzuholen für meinen Pilgerausweis. Danach geht es zu meinem Hotel « Le Trégor », der eine wunderschöne Aussicht auf den Jaudy zu bieten hat. Der Jaudy ist ein Küstenstrom von 48 Kilometern Länge der in den Ärmelkanal mündet.
23 Mai 2018
Von Tréguier nach Pontrieux
Frühstück mit Blick auf den Jaudy und die Kanadabrücke, eine Brücke des Typs « Bowstring »die aktuell und noch bis zum Frühling 2020 eine grosse Baustelle ist. Über diese Brücke verlasse ich Tréguier. Auf der anderen Seite des Jaudy, in Trédarzec, geht es weiter über die Höhen, Forstwege, erneut gekennzeichnet mit dem Zeichen des Tro Breiz. Die Freude ist nur von kurzer Dauer, nach einigen Hundert Metern ist es schon wieder vorbei mit der Beschilderung. Schade, man wiegt sich immer in Sicherheit auf einem gut ausgeschilderten Weg. Auf ruhigen, friedlichen Strässchen laufe ich weiter, manchmal kilometerweit ohne ein einziges Auto. Ich glaube einen zweiten Frühling zu erleben denn alles steht in der Blüte, wie bei uns in Luxemburg schon vor einem Monat. Die Vögel trällern ihren Hochzeitsgesang in den Bäumen und Hecken. Kleine Weiler, bestehend aus wenigen Häusern sind die Regel. Manchmal sprechen mich Einwohner an um mir Glück und Mut auf meinem Weg zu wünschen. Manche spenden sogar Beifall. Es tut gut Menschen zu begegnen die am Tro Breiz interessiert sind. Am Ende der heutigen Etappe komme ich in ein weiteres schönes Städtchen, nach Pontrieux. Wie ihr Name es bereits andeutet, eine Brücke über den Trieux, ein weiterer Küstenfluss der nach 72 Kilometer im Ärmelkanal mündet. Hier übernachte ich auch.
24 Mai 2018
Von Pontrieux nach Lanvollon
Nach 10 Tagen wandern habe ich mich ans Laufen gewöhnt. Ich stehe auf und laufe los, als ob es mein Beruf wäre. Nichts schmerzt mehr und ich fühle mich in blendender Verfassung. Es fängt gut an heute morgen, etwa 50 Treppenstufen, da sind die Waden sofort aufgewärmt. Die heutige Etappe findet zu nahezu 100% in freier Natur statt, wenige Weiler, noch weniger Autos, von Zeit zu Zeit ein Bauer mit seinem Traktor. Zwei Hunde haben mich belästigt, wie gewohnt wusste ich mich zu verteidigen, dank meiner Wanderstöcke. Ein Fuchs flüchtet vor mir als er mich in seinem Feld erblickt. Beschilderung gibt es überhaupt keine. Jetzt ist vielleicht der richtige Moment zu sagen dass ich heilfroh bin auf meinem Smartphone eine App installiert zu haben die mir (fast) immer den rechten Weg zeigt. Selbst eine detaillierte Karte ist nicht fähig auch nur annähernd so genaue Daten zu liefern. Diese Anwendung hat mir schon öfters den Tag gerettet. Im grossen Ganzen verläuft der Weg über Saint-Gilles-Les-Bois und Gommenec'h, dann bis nach Lanvollon. Meistens sind es Forstwege. Eine andere Überlegung, ich habe ja die Zeit dazu, ist, wenn man 10 Kilometer bei dieser Hitze wandert und kein Wasser dabei hat, ist das Horror. Hat man hingegen genug Wasser dabei, kann es passieren, dass man nicht einmal Durst bekommt. Ich denke, also bin ich. Bei meiner Ankunft in Lanvollon begrüssen mich eine Frau und zwei Männer. Sie sind gerade dabei einen Teil des Jakobsweges zu markieren. Wir haben also ein Thema für die nächste halbe Stunde. Jetzt muss ich nur noch mein Hotel aufsuchen, es liegt etwas ausserhalb des Städtchens.
25 Mai 2018
Von Lanvollon nach Saint-Brieuc
Fürs Frühstück um halb acht sind etwa 50 Personen angemeldet, also frühstücke ich schon um sieben. So zeitig, das bedeutet allerdings auch viel Verkehr auf der Départementale D9. Es gibt nur diese eine Lösung, aber , es ist nicht weiter schlimm denn meistens gibt es einen ausreichenden Grünstreifen neben der Strasse. Ich komme gut voran, nach 13 Kilometern bin ich schon im Badeort Binic. Hier gönne ich mir auf einer Terrasse im Hafen einen Kaffee. Ab hier laufe ich dann über den GR 34, den Küstenweg der sehr grosse Höhenunterschiede aufweist und ebenso atemberaubende Ausblicke. Nach den 13 Kilometern Asphalt ist das Weiterkommen jetzt schwieriger. Bevor ich zum Strand von Tournemine absteige lege ich noch eine Pause an einem Pic-Nic Platz ein. Dann nutze ich erneut die Gelegenheit durch den Sand zu laufen. Der zwei bis drei Kilometer lange Sandstrand erstreckt sich bis nach Les Rosaires. Hier verlasse ich die Küste und marschiere nach Plérin, einer attraktiven Kleinstadt vor den Toren von Saint-Brieuc. Nach Plérin geht es steil bergab bis zum Gouët, einem weiteren Küstenfluss der nach 46 Kilometer in den Ärmelkanal mündet. Der Fluss dient als Grenze zwischen beiden Städten. Ein letzter steiler Aufstieg bis Saint-Brieuc, einer Stadt mit 45.000 Einwohnern. Mein Hotel liegt nur ein paar Schritte von der Kathedrale Saint-Etienne entfernt. Leider ist sie während der 18 Monaten dauernden Bauarbeiten geschlossen. Welche Enttäuschung für den Pilger der ich bin. Zweck und Ziel des Pilgerweges ist es die 7 Kathedralen miteinander zu verbinden und sich jedesmal den Pilgerausweis stempeln zu lassen. Im Stadthaus schickt man mich zur Pfarrei, die allerdings geschlossen ist. Morgen werde ich es nochmal versuchen. Nach 35 Kilometern habe ich die Nase gestrichen voll. Regen und Gewitter sind angesagt für morgen, eine gute Gelegenheit um einen Ruhetag einzulegen. Seit meinem Start in Quimper habe ich nun genau 300 Kilometer zurückgelegt.
26 Mai 2018
Saint-Brieuc ( Ruhetag )
Meine erste Sorge heute ist der Stempel für meinen Pilgerausweis. Heute ist die Pfarrei besetzt, na wunderbar ! Ein äusserst sympathischer Mann empfängt mich. Natürlich ist er sehr interessiert an meinem Tun, umso mehr auch er dieses Jahr am Tro Breiz teilnimmt, eine Woche zwar nur, jedoch mit mindestens 15.000 anderen Pilgern. Er stempelt mit Freude meinen Ausweis und reicht mir ein Bonbon dazu. Es regnet noch immer nicht und in der Stadt ist viel los. Es ist Markttag, die Stände breiten sich nicht nur vor der Kathedrale aus sondern auch in mehreren Strassen der Fussgängerzone. Zudem ist auch « Bürgertag ». Jedes Jahr organisieren sich Einwohner einer Gemeinde oder eines Stadtviertels um die Lebensqualität zu verbessern. Zum Beispiel zuckelt alle 20 Minuten ein kleiner Zug durch die Altstadt, natürlich umsonst. Diesen Service nutze ich gerne. Bretonische Tänze werden vorgeführt, sogar zwischen den Marktständen. Der 38te Tour de Bretagne der Oldtimer, aber auch nicht so alter Modelle macht hier auf einem Platz halt und präsentiert seine Juwelen. Gegen Mittag fängt es zu regnen an, also verdünnisiere ich mich in ein Restaurant. Fish & Chips, etwas Apfelwein vom Fass, ein Kaffee und die Rechnung bitte. Heute bin ich 10 Kilometer quer durch die Stadt gelaufen, gar nicht so schlecht für einen Ruhetag.
27 Mai 2018
Von Saint-Brieuc nach Pléneuf-Val-André
Saint-Brieuc hat mir schlussendlich sehr gut gefallen. Beim verlassen der Stadt durchquere ich mehrere Wohnviertel bevor es dann steil bergab geht, 10% auf mehreren hundert Metern bis hinunter zum Handelshafen. Ab hier folge ich dem GR 34 bis nach Yffiniac, viele Jogger und Spaziergänger nutzen diesen Weg der am Meer entlang führt. Dann eine Départementale die durch einige Weiler führt bis nach Les Ponts Neufs. Hier ist ein erst kürzlich restaurierter Viadukt in gebogener Form die Attraktion. Zwischen 1924 und 1948 ist hier zwischen Yffignac und Matignon die Eisenbahn gefahren. Ein weiteres Highlight ist der nur wenige hundert Meter entfernte Wasserfall von Gouessant. Der Gouessant ist ein weiterer Küstenfluss von gerade mal 41 Kilometern der in der Bucht von Saint-Brieuc, also im Ärmelkanal mündet. Nun folgen die Dörfer von Morieux, Planguenoual und Dahouët, wo ich wieder das Meer erreiche. Ein kleiner Hafen, das ist schon alles. Eine schöne Terrasse im Hafen lädt mich jedoch ein einen Kaffee zu schlürfen bevor es weiter geht nach Pléneuf-Val-André. Auf dem Weg dorthin die wunderschöne Kapelle von Dahouët. Mein Hotel liegt nahe am Meer, weniger als 150 Meter. Nachdem ich meine Sachen in Ordnung gebracht habe schlendere ich durchs Dorf an der hübschen Promenade am Meer entlang bis zum Inselchen Le Verdelet, einem Vogelschutzgebiet. Es ist jetzt sehr heiss, also kehre ich zum Dorf zurück und trinke ein Wasser auf einer schattigen Terrasse. Das Dorf oder eher Städtchen ist bekannt für sein Thalassotherapiezentrum und besitzt ein Spielcasino. Später im italienischen Restaurant lasse ich mir ein Filet vom Rind gut munden. Danach ist gerade die rechte Zeit einige Bilder des wundervollen Sonnenuntergangs zu verewigen. Ein schöner aber harter Tag neigt sich dem Ende zu nach gut 34 Kilometern.
28 Mai 2018
Von Pléneuf-Val-André nach Matignon
Es herrscht dichter Nebel heute morgen, gutes Zeichen für gutes Wetter. Ich brauche viel Zeit um dieses grosse nicht enden wollende Dorf zu verlassen. Verkehrsarme Nebenstrassen den ganzen Tag. Es passiert überhaupt nichts, zumindest sehe ich nichts. Erstes Dorf ist La Bouillie, die einzige Bäckerei ist geschlossen. Kurz vor Mittag hebt sich endlich der Nebel und ich mache eine kleine Pause bei der Kirche von Hénanbihen. Aus meinem Rucksack zaubere ich einen Apfel und eine Crêpe hervor. Noch 8 Kilometer bis Matignon. Es ist sehr heiss jetzt und ich freue mich bereits darauf im Hotel anzukommen, im « Hôtel de Matignon ». Werde ich vom Premierminister empfangen ? Nicht sicher ! Werde ich sein Zimmer bekommen ? Spass beiseite ! Tatsächlich gibt es eine Verbindung zwischen dieser Ortschaft und dem sehr berühmten « Hôtel de Matignon » in Paris, Residenz des Premierministers.
Ich habe mir eine Blase am linken Fuss eingefangen. Ich werde noch vor dem Abendessen in der Apotheke vorbeigehen.
29 Mai 2018
Von Matignon nach Saint-Malo
Es hat die ganze Nacht geregnet und es regnet weiter. Ich nehme mein Frühstück mit Blick auf die Strasse und ihre gut mit Regenwasser gefüllten Schlaglöcher. Ich wurde nicht vom Premierminister empfangen, habe aber festgestellt, dass alle Zimmer den Namen eines ehemaligen Premierministers tragen. Mein Zimmer ist nach Edith Cresson benannt. Im gleichen Moment in dem ich das Hotel verlasse hört es zu regnen auf und langsam aber sicher bessert sich das Wetter. Während mehreren Kilometern laufe ich über eine ehemalige Eisenbahntrasse bis nach Guildo. Hier überquere ich den Arguenon, einen Küstenfluss von 53 Kilometern Länge der bei Saint-Jacut-de-la-Mer im Ärmelkanal mündet. Fast unbemerkt wechsle ich hier von den Côtes d'Armor (22) nach Ille et Vilaine (35). Jetzt geht es über kleine Nebenstrassen bis nach Dinard. Um mir selber eine Freude zu bereiten setze ich hier mit dem Schiff nach Saint- Malo über. Das kostet nur 5€ und erspart mir den grossen Umweg um die Bucht herum. Während der Überfahrt fängt es wieder zu regnen an. Was für ein Glück ich heute habe.
Nach der Dusche besuche ich die Kathedrale und wie gewohnt ist niemand zugegen um meinen Pilgerpass abzustempeln. Da dies schon fast zur Gewohnheit geworden ist, begebe ich mich sofort zur Pfarrei. Saint-Malo hat alles Erdenkliche zu bieten und Horden von Touristen sind in der Stadt. Vielleicht auch nur weil ein riesiges Kreuzfahrtschiff in der Bucht vor Anker liegt.
30 Mai 2018
Von Saint-Malo nach Dol-de-Bretagne
Der Morgen fängt gut an, mein Butterbrot, mit Erdbeer- marmelade beschmiert fällt zuerst auf mein T-Shirt, dann auf die Hose und die Schuhe bevor es auf dem Boden landet. Ich verlasse mein Hotel « Le Croiseur » das sich intra-muros in guter Lage befindet. Adieu Saint-Malo, wir sehen uns bestimmt wieder. Ich laufe zum Bahnhof weil ich einige Fragen habe bezüglich der Reisekoffer meiner Frau die in 14 Tagen mit dem TGV zu mir stossen soll. Der Bahnhof ist etwas abgelegen vom Weg des Tro Breiz, ich wähle also meinen eigenen Weg der am Ende 30 Kilometer erreicht. Eine Mischung aus kleinen verkehrsarmen Strassen, Graspfaden und einer grossen Départementale am Ende. Gift für die Blase am Fuss. Der Mont Dol, markanter Punkt in der Landschaft ist gekrönt von einer traditionnellen Windmühle. Noch ein letzter Kraftaufwand und ich bin in der Bischofsstadt Dol-de-Bretagne. Die Kathedrale Saint-Samson ist von weitem sichtbar, sie ist gewaltig, jedenfalls für diese doch eher kleine Stadt. Kaum 6.000 Einwohner wohnen in dem mittelalterlichen Städtchen. Ein Begräbnis findet statt oder besser gesagt eine Trauermesse in der Kathedrale. Die Pfarrei ist auch geschlossen, wahrscheinlich eben wegen dieser Trauerfeierlichkeiten. Ich begebe mich zum Touristenbüro und oh Wunder, hier gibt es einen wunderschönen, extra für die Pilger geschaffenen Stempel. Gut, jetzt habe ich alle Zeit der Welt um die Stadt zu erkunden. Gleich neben der Kathedrale gibt es ein sogenanntes Kathedraloskop, das sich mit der Architektur von Kathedralen befasst. Schade nur, dass es gerade in diesem Moment schliesst.
31 Mai 2018
Von Dol-de-Bretagne nach Dinan
Meine Blase am Fuss und ich entscheiden gemeinsam, dass wir es uns heute gut gehen lassen. Wir wollen mit dem Zug nach Dinan fahren. Im Fahrkartenschalter am Bahnhof werde ich darüber informiert, dass wegen Bauarbeiten an den Gleisen keine Züge fahren. Der Zug wird durch einen Minibus ersetzt. Unterwegs wechsle ich erneut das Département, ich komme wieder in die Côtes d'Armor (22). Eine Frau die in Dinan arbeitet und ich sind die einzigen Kunden im Bus. Gegen 9 Uhr erreichen wir bereits Dinan. Eine historische Stadt in der heute viel los ist, es ist Markttag. Ich lasse meinen Rucksack im Hotel, so kann ich Dinan ohne überflüssigen Ballast in Augenschein nehmen, ich habe die Gewohnheit « oben ohne » fast verloren. Zuerst laufe ich die Jerzualstrasse hinunter bis zur Rance, ein 102 Kilometer langer Küstenfluss, der zwischen Dinard und Saint-Malo im Ärmelkanal mündet. Meiner Blase am Fuss gefällt es überhaupt nicht gleich wieder den ganzen Weg nach oben anzutreten, zumal der Pflastersteinweg ziemlich steil ist. Aber es lohnt sich, da die meisten mittelalterlichen Häuser üppig mit Blumen geschmückt sind und Bildergalerien sowie Crêperies beherbergen. À propos crêperie, ich habe Lust darauf. Es ist nun sowieso Mittag und ich genehmige mir zwei davon in einem alten Fachwerkbau im historischen Zentrum.
01 Juni 2018
Von Dinan nach Broons
Zeitig verlasse ich Dinan über eine Hauptverkehrsaxe mit dem gewohnten morgendlichen Verkehr. Ohne Führer, ohne Beschilderung gestalte ich wieder meinen eigenen Weg. Grosso modo durchquere ich die friedlichen Orte Le Hinglé, Plumaudan und Yvignac-la-Tour bevor ich Broons erreiche, eine kleine Stadt etwas abseits vom eigentlichen Weg. Meistens Graswege und kleine Strässchen, aber am Schluss eine schnurgerade, 6 Kilometer lange Départementale, äusserst langweilig und Gift für die Füsse. Gegen Mittag kommt eine Bäckerei wie gerufen in Yvignac-la-Tour. Neben der Kirche Saint-Malo steht ein riesiger Baum, eine Eibe. Dieser tausendjährige Baum hält einen Europarekord. Sein Stamm ist fast vollständig ausgehöhlt und am 15ten August 2017 haben darin 58 Personen gleichzeitig Platz gefunden. Noch vor der Stadtbesichtigung in Broons suche ich mein Hotel für 35€ auf. Der niedrige Preis erklärt sich dadurch, dass das Restaurant heute geschlossen ist und ich einen Zugangscode habe. Das selbe gilt fürs Frühstück morgen, es ist niemand zugegen. Deshalb hat man mir alles vorbereitet in meinem minimalistischen Zimmer. Kaffeemaschine mit Kapseln, Croissants, natürlich in Plastik eingepackt und ein Yoghurt. Alles jedoch liebevoll gestaltet. Noch vor dem Abendessen schlürfe ich einen Espresso auf einer sonnigen Terrasse vor der Peterskirche.
02 Juni 2018
Von Broons nach Saint-Méen-le-Grand
Nach einem fast künstlichen Frühstück mache ich mich auf den Weg. 100% Asphalt heute über die Départementale D19, die später auf dem letzten Stück zur D125 wird. Das Wetter ist gut und die Strasse angenehm zu laufen. Erste Pause in Plumaugat, einem hübschen Dorf mit einer tollen Kirche, einigen Geschäften, schade nur dass das Ganze eine Baustelle ist. Weiter geht es mit leichten Auf-und Abstiegen. Eine zweite Pause gönne ich mir vor der liebevollen Kapelle der « Bonne Rencontre » (Gute Begegnung). Schon wieder wechsle ich das Département, von den Côtes d'Armor (22) nach Ille et Vilaine (35). Bald bin ich in Saint-Méen-le-Grand, Partnerstadt von Haltwhistle (England) und Valentano (Italien). Es ist Samstag und Markttag, die Stadt ist äusserst lebendig. Es ist erst Mittag und ich bin schon angekommen an meinem Ziel nach einer relativ kurzen Etappe, kaum 20 Kilometer. Ich entscheide mich dazu jetzt auf einer schattigen Terrasse zu speisen anstatt heute abend ein Restaurant aufzusuchen. Ich habe jede Menge Zeit und beobachte einen Fischhändler und einen Gemüsehändler, die gerade dabei sind ihre Stände und die unverkauften Lebensmittel wieder einzupacken. Das ist eine Heidenarbeit die sich jeden Tag in einer anderen Stadt wiederholt und zwar zu allen Jahreszeiten. Ich empfinde tiefen Respekt für die Marktleute. Mein Hotel befindet sich ausserhalb der Stadt in einem Gewerbegebiet.
03 Juni 2018
Von Saint-Méen-le-Grand nach Guilliers
Die meteorologischen Dienste sagen schwere Gewitter mit Windböen bis zu 100 km/h voraus und zwar für die gesamte Bretagne. Ich baue vor und bestelle ein Taxi für die erste Partie des Weges bis nach Mauron. Als der Taxifahrer ankommt stellt er sich vor, es ist der Bürgermeister aus dem Nachbardorf, Gaël, Denis Levrel. Eine sehr sympathische Person. Er besteht darauf, dass ich ihn Denis nenne und nicht etwa Herr Bürgermeister. Gaël ist eine kleine Gemeinde mit 1.700 Einwohnern. Zwischen Gaël und Mauron ist die Grenze zwischen Ille et Vilaine (35) und dem Morbihan (56). Denis bringt mich also nach Mauron und schlägt mir vor noch einen Kaffee zusammen zu trinken. Ich bedanke mich herzlich, lehne aber ab denn ich möchte unbedingt noch vor den Gewittern in Guilliers ankommen. Es bleiben immerhin noch 12 Kilometer zu laufen. In Mauron, erste Gemeinde des Morbihan auf meinem Weg, wird ein Fussballturnier ausgetragen und Hunderte von Autos säumen den Strassenrand. Musik und Kommentare schallen aus Lautsprechern und verfolgen mich noch eine Zeit lang. Vor Guilliers befinde ich mich kurze Zeit im Nichts (Néant) ! Keine Panik, es ist nur ein Weiler namen's Nichts. In Guilliers angekommen trinke ich einen Espresso, dann nehme ich die sehr schöne Kirche in Augenschein bevor ich ins Hotel gehe. Mein Zimmer ist schon bereit, es gibt aber ein anderes Problem. Da das Restaurant heute abend geschlossen ist, bitte ich darum jetzt gleich essen zu dürfen. Die Chefin erwidert, es tue ihr sehr leid aber das Restaurant sei randvoll, es bliebe kein einziger Sitzplatz. Glücklicherweise ist die Bar nebenan ebenfalls Lebensmittelgeschäft. Ich besorge mir eine Dose Sardinen in Tomatensauce für sofort und eine mit Senf, Abwechslung muss sein, für heute abend. Unglaubliche Situationen, ich denke das gibt es nur in Frankreich. Schlussendlich regnet es erst gegen 19 Uhr, ich hätte also gut aufs Taxi verzichten können. Dagegen sind in Morlaix zur gleichen Zeit sintflutartige Regenfälle niedergegangen. Dort bin ich noch vor einer Woche gewesen. Nach allem ist es wohl besser vorsichtig zu sein. Für morgen wird ähnliches Wetter vorausgesagt, mal sehen.
04 Juni 2018
Von Guilliers nach Ploërmel
Es ist soweit ! Es regnet in Strömen, unmöglich so weiterzulaufen, ich bestelle ein Taxi. Man muss kein schlechtes Gewissen haben, es ist eine reine Vorsichtsmassnahme, sind doch die Forst-und Graswege bei Regen unbegehbar und die Strassen bei dem Wetter ungemütlich. Wenn man dann noch die Gewitter hinzurechnet, nein danke, das muss man sich nicht antun. Ich bin Pilger, keine Amphibie.
Das Taxi kommt und ein junger Mann fährt mich bis Ploërmel, einer Stadt mit 10.000 Einwohnern. Die Kirche Saint-Armel bietet mir für einige Zeit Schutz. Ploërmel ist eine herzogliche Stadt und kann sich seiner Ringmauern, seinem prächtigen Kloster, seiner astronomischen Uhr und vielen anderen historischen Bauten rühmen. Mein Hotel, wie soll ich das jetzt erklären ? Geschlossene Tür und die Einladung das Hotel vom Hintereingang her in einer anderen Strasse zu betreten. Dort angekommen, ein Schild mit der Aufschrift « Hotel komplett » und einer Telefonnummer im Falle eines Problems. Leider nimmt niemand den Hörer ab. Schauen wir später nochmal vorbei. Oberflächlicher Besuch der Stadt unter strömendem Regen, bei gutem Wetter ist es sicherlich ganz schön hier. Ich suche mir ein Restaurant, da bin ich eine Zeit lang beschäftigt. Ich gönne mir Vor und Hauptspeise sowie Dessert, nicht etwa weil ich Hunger habe, nein, nur um Zeit zu schinden. Um 16 Uhr gehe ich nochmal ins Hotel und alles ist gut und wunderbar. Komisch ist das aber trotzdem. Ich habe mir umsonst Sorgen gemacht. Über Messenger lädt mich der Bürgermeister von Cruguel dazu ein in seinem Haus zu übernachten, leider ist es dazu jetzt zu spät und ich bin inzwischen auch zu weit entfernt von ihm. Vielen Dank jedoch für diese herzliche Einladung
05 Juni 2018
Von Ploërmel nach Vannes
« Ist der Horizont nicht rein lädt dich die Wirtschaft ein » oder « Leichter Regen am Morgen, bereitet dem Pilger keine Sorgen ». Solche oder ähnliche Sätze zum Motivieren oder auch zum Demotivieren taugen nichts. Die Tage sind alle verschieden und es gibt stets irgendwelche Überraschungen. Die ungewissen Wettervorhersagen, aber auch die Tatsache, dass ich möglichst schnell Vannes erreichen will und einen verlorenen Tag wieder einholen will führen dazu, dass ich den Bus nehme. Umso mehr die Fahrt nur 2€ kostet, ein Grund mehr. Die Etappe nach Vannes ist zu lang, ja, ich hätte daraus 2, sogar 3 Etappen machen können, dann hätte ich allerdings 2 weitere Tage verloren. In Vannes angekommen hole ich mir als Erstes den Stempel für den Pilgerausweis. Schnell zur Pfarrei wo ein noch recht junger und sympathischer Priester mir mit viel Freude den Stempel ins Büchlein drückt. Nun habe ich alle Zeit der Welt um mir in Ruhe die Kirche Saint-Patern (erster Bischof von Vannes) anzusehen, dann die Kathedrale Saint-Pierre, das mittelalterliche Stadtzentrum und schlussendlich den Sporthafen. Am Ende habe ich trotzdem 14 Kilometer auf dem Zähler, nicht schlecht für eine Busanfahrt. Trotz der schlechten Wettervorhersagen ist nicht ein einziger Tropfen gefallen. Umso besser !
06 Juni 2018
Von Vannes nach Sainte-Anne-d'Auray
Es regnet überhaupt nicht, dennoch kündigt Meteofrance viel Regen an, ich verstehe nichts mehr. Am besten schaut man mal morgens zum Fenster hinaus. Ich verlasse Vannes westwärts und durchquere dabei zwei riesige Gewerbegebiete. Die Départementale 19, die nun folgt ist ziemlich verkehrsreich. Bis nach Meriadec, wo ich mir einen Espresso auf einer Terrasse nahe der Kirche gönne. Etwas weiter die hübsche Kapelle von Saint-Roch, leider geschlossen wie so viele andere. Es ist jetzt nicht mehr weit bis nach Sainte-Anne d'Auray wo ich am Ortseingang ein in Luxemburg immatrikuliertes Fahrzeug erblicke. Ich will grüssen, jedoch ist die Dame zu sehr mit ihrem Smartphone beschäftigt. Sainte-Anne-d'Auray ist der wichtigste Wallfahrtsort für die Bretonen und nach Lourdes der zweitwichtigste Frankreichs. Eine wundervolle, riesige Basilika beherrscht die ganze Gegend. Ein gigantisches Denkmal verehrt die 240.000 Bretonen, die im ersten Weltkrieg gefallen sind. Ein Kloster mit der Kapelle der Unbefleckten. Es wurde auch ein schön amenagierter Platz zu Ehren des Papstbesuches von Jean-Paul II im Jahre 1996 auf diesem heiligen Boden eingerichtet. Boutiken, Souvenirläden sowie Restaurants und Crêperies fehlen auch nicht. Erst am Abend regnet es etwas, nichts schlimmes, nur der bretonische Nieselregen. Eine Crêperie ist gut gelegen gegenüber der Basilika und ich genehmige mir eine Crêpe mit Jakobsmuscheln, gefolgt von einer zweiten mit Lachs.
07 Juni 2018
Von Sainte-Anne-d'Auray nach Landévant
Etwas neblig beim Start, ich bin jedoch froh, dass es nicht regnet. Ein letzter Blick zurück auf die enorme Basilika die recht mystisch im Morgennebel ausschaut. Eine relativ kurze Etappe heute, knapp 16 Kilometer auf einer verkehrsarmen Départementale, eigentlich ideal zum Marschieren. Zuerst kommt das ziemlich grosse Dorf Brec'h, hier überquere ich den noch ganz kleinen Loc'h überquere, dann folgt Landaul wo ich Kaffeepause mache. Auf halbem Wege zwischen Landaul und Landévant begegne ich Joëlle, einer Pilgerin aus Rennes, die den Jakobsweg in Audierne begonnen hat. Die wunderschöne Mühle am Bach Kergroëz lädt zum Verweilen ein. In Locmaria geniesse ich meinen Apfel vor der gleichnamigen Kapelle gut schmecken. Dann bin ich schon in Landévant, einer Ortschaft mit allen Geschäften, aber es scheint eher ein ausgestorbenes Nest zu sein, weshalb ich dann auch eine Siesta mache in meinem Gästehaus « La Bonne Étoile «. Die Besitzerin schlägt mir vor sich um meine Wäsche zu kümmern statt dass ich mich in meinem Zimmer damit abplage, was ich nur zu gerne annehme. Heute abend esse ich in einer « Pizzeria-Bar-Tabac ». Ich bin einziger Kunde, zum Essen wohlverstanden, aber auch einziger Nichtraucher. Es ist sehr interressant immer die Gleichen zu sehen die zum Rauchen rausgehen, ihren Glimmstengel jedoch schon im Restaurant anzünden. Einige haben sicher zehn Zigaretten geraucht in der Zeit in der ich meine Pizza verdrückt habe.
08 Juni 2018
Von Landévant nach Lorient
Frühstück um genau 8 Uhr, die sehr nette Besitzerin leistet mir Gesellschaft. Aus Marseille stammend wohnt sie heute in der Bretagne, möchte aber viel über Luxemburg erfahren. Ich bedanke mich für den herzlichen Empfang und dafür, dass sie meine Wäsche gewaschen hat. Es ist schon spät geworden, ich muss mich nun auf den Weg machen. Also dann, einen schönen Tag noch und gute Weiterreise.
Nach etwa einer Stunde habe ich die Ria d'Etel erreicht auf der Höhe von Nostang, einem sehr angenehmen Ort. Hier war ich bereits letztes Jahr im September als ich am Fluss « Rivière d'Etel » entlang gewandert bin, von seiner Quelle bei Languidic bis zum Atlantik. Merlevenez mit seiner romanischen Kirche aus dem 12ten Jahrhundert ist ideal um einen Kaffee zu trinken auf einer schattigen Terrasse, es ist nämlich bereits schön heiss geworden. Dann kommt Riantec, hier biege ich nach Osten in Richtung Locmiquélic ab. Hier im Hafen nehme ich ein Schiff um über die Bucht zu setzen für gerade mal 1,50 €. Das Schiff fährt alle halbe Stunde direkt ins Stadtzentrum von Lorient in weniger als 10 Minuten. 60.000 Einwohner, als grosse urbane Fläche 212.000, das sind recht viele Menschen und dazu kommen im Sommer noch die zahlreichen Touristen. Die Stadt ist bekannt für ihr internationales, keltisches Musikfestival, das jedes Jahr etwa 700.000 Zuschauer anlockt. Aber nicht nur deswegen. Das Segelmuseum Eric Tabarly hat sich ebenfalls hier installiert. Die U-Bootbasis, die grösste der deutschen U-Boote im zweiten Weltkrieg, der Sporthafen und vieles mehr. Eine moderne, angenehme Stadt die einen Umweg wert ist.
09 Juni 2018
Von Lorient nach Quimperlé
Was tun ? Für heute, morgen und übermorgen werden massive Regenfälle, Gewitter sowie Hagel angekündigt. Beim Frühstück im Hotel diskutieren Bauarbeiter mit ihrem Chef in Bordeaux am Telefon darüber, dass sie heute wegen des Wetters nicht arbeiten können. Ein Schweizer Paar ermutigt mich dazu den Zug zu nehmen anstatt gefährliche Risiken auf mich zu nehmen. Ok, die Entscheidung ist gefallen, ich fahre mit dem Zug nach Quimperlé. Um so mehr die Eisenbahner heute nicht streiken. Als ich das Hotel verlasse, regnet es, am Bahnhof hört es wieder auf, der bedrohliche Himmel bleibt, ich überlege und überlege. Gut, ich nehme den Zug !
Eine knappe Viertelstunde und ich befinde mich in Quimperlé. Bei der Gelegenheit habe ich auch wieder das Département gewechselt. Raus aus dem Morbihan (56), rein in den Finistère (29). Es hat immer noch nicht geregnet, kein Gewitter, rein gar nichts. Ich komme mir etwas verarscht vor von den meteorologischen Diensten. Sie machen jedem grundlos Angst ! Wäre ich doch gegangen, wäre ich ohne nass zu werden dadurch gekommen, ausser vielleicht vom Schwitzen, denn es ist jetzt wieder sehr warm und schwül. So, genug gestänkert ! Quimperlé ist eine sehr fotogene Stadt. Unendlich viele Motive. Bei der Kirche Notre-Dame de l'Assomption feiert man eine Hochzeit. Ganz bretonisch natürlich, mit Dudelsack und Bombarde, 2 unabkömmlichen Instrumenten bei allen bretonischen Festen. Ein höher gelegener Stadtteil und einer tief unten gelegen an den Flüssen Isole und Ellé die hier zusammenfliessen und die Laïta formen. Um etwas Zeit zu verbringen gehe ich was essen. Zwischen den Flüssen ist die Kirche und Abtei Sainte-Croix, in runder Form die Attraktion. Die Stadt hat sich von hier aus entwickelt. Gegen 16 Uhr gibt es dann doch ein schweres Gewitter das etwa eine Stunde dauert, dann kommt die Sonne wieder raus.
10 Juni 2018
Von Quimperlé nach Melgven
Ein herrlisches Frühstück mit verschiedenen, von der Chefin des Hauses selbstgebackenen bretonischen Kuchen auf einem schön gedeckten Tisch. Es regnet noch nicht. Es sind viele Leute in der Stadt, unten ist Markttag und oben findet ein Wettrennen statt. Durch Wohnviertel geht es zunächst aus der Stadt raus, dann mehrere Gewerbegebiete mit allen, ach so bekannten Marken. Auf Höhe der Kapelle La Madelaine fängt es zu regnen an und eine Bushaltestelle kommt gerade recht um mich unterzustellen. Zwanzig Minuten und weiter geht es nach Bodélio, wo sich eine ganz alte Pilgerherberge befindet. Das ganze Umfeld befindet sich in einem beklagenswerten Zustand. Es regnet weiter, kein Unterstand weit und breit, keine Bank um auszuruhen oder sein Pic-Nic zu essen, nichts. Über dem Wandern verspeise ich lustlos meinen Apfel unter strömendem Dauerregen. Bald überquere ich den Aven der hier noch nicht breiter als ein Bach ist. Noch 5 Kilometer bis Melgven, der Regen wird immer mehr. Meine Frau, die heute zu mir stösst, erwartet mich bereits. Zusammen geht es dann mit dem Auto nach Quimper in unser Hotel. Sie wird mich morgen wieder nach Melgven zurückbringen damit ich meine allerletzte Etappe auf dem Tro Breiz beenden kann.
11 Juni 2018
Von Melgven nach Quimper
Entgegen den Wettervorhersagen regnet es überhaupt nicht. Heute auf meiner letzten Etappe auf dem Tro Breiz bin ich ein Luxuspilger, ohne Rucksack. Meine Allerliebste hat mich mit dem Auto nach Melgven zurückgebracht für diese letzte Etappe. Zusammen statten wir der Kirche noch einen Besuch ab, dann mache ich mich auf den Weg. Ich komme schnell weiter in der Lightversion über Graspfade, später kleine Strässchen. Unzählige kleine Weiler unterwegs bis nach Locmaria wo mich eine echte Überraschung erwartet. Die Kapelle von Locmaria-an-Hent, Beinhaus und Kreuz aus dem 16ten Jahrhundert. Eine Frau reiferen Alters beobachtet mich, ruft mir zu und fragt ob ich den Schlüssel für die Kapelle haben möchte. Ja, sehr gerne, bejahe ich ! Kein Problem, hier ist er und nehmen Sie sich ruhig Zeit, antwortete sie. Und ich nehme mir auch wirklich Zeit um aussergewöhnliche Bilder zu schiessen. Ein Juwel das allerdings dringender Restaurationsarbeiten bedürfte. Ich glaube aber, dass das Geld dazu nur schwer aufzutreiben ist. Nach der Rückgabe der Schlüssel diskutiere ich noch ein wenig mit der Dame und bedanke mich für diese gute Geste. Merci bras und Kenavo! Der Rest dieser Etappe verläuft eher langweilig auf Asphalt und hauptsächlich durch Industriezonen. Bald komme ich vor der Kathedrale Saint-Corentin an, nachdem ich den Odet überquert habe. Die Schleife um die Bretagne ist geschlossen und der Tro Breiz ist beendet. Etwas mehr als 700 Kilometer auf einem Weg mit abwechslungsreichen Landschaften. Zwei Meere, der Atlantik und der Ärmelkanal, viele Flüsse, sogar Gebirgslandschaften wie die Monts d'Arrée und die Montagnes Noires.